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Wir sind auch nicht besser: Werbesprache (Teil 3)


Wie Werbesprache funktioniert und was sie problematisch macht, damit haben wir uns in den ersten beiden Teilen (Teil 1, Teil 2) unserer Miniserie beschäftigt. Heute möchten wir den Fokus etwas erweitern und die Werbesprache in einen größeren Kontext stellen. Was, fragen wir uns am Beispiel der Nahrungsmittelindustrie, sagt Werbung über unsere Gesellschaft aus – und was über uns?


Super cremig, super günstig, super Blödsinn


Dass Werbung uns das Blaue vom Himmel herunter verspricht und dabei auch zu unlauteren Mitteln greift, ist schließlich weniger einer vermeintlichen moralischen Korruptheit der Branche anzulasten, sondern vor allem symptomatisch für eine Haltung, die letztlich die gesamte Gesellschaft prägt: Uns alle dominiert ein Kosten-Nutzen-Denken, wir scheuen die Verbindlichkeit und möchten alles so unaufwendig wie möglich bekommen. Indem die Werbesprache uns Wunder an Vitamingehalt, Frische und Cremigkeit für einen sagenhaft günstigen Preis verspricht, kommt sie unseren Bedürfnissen nur konsequent – und gewinnoptimiert! – entgegen. Sie befriedigt letztlich unsere Erwartungshaltung. Dass diese besonders für den Lebensmittelmarkt fatale Folgen hat, steht auf einem anderen Blatt.


Amoralische Milchprodukte


Denn eines ist klar: Wenn wir unsere Ernährung immer nur nach dem Kosten-Nutzen-Aspekt beurteilen, werden wir nicht nur anfällig für dreiste Werbelügen, wir entfremden uns auch auf einer moralischen Ebene von dem, was wir essen. Zwangsweise geht uns die Wertschätzung für Produkte und Erzeuger so nach und nach verloren. Dass andere den Preis für unsere Rundumversorgung mit Billiglebensmitteln zahlen, ist uns oft gar nicht so richtig bewusst.


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Doch so ist es. Zum Beispiel sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass Landwirte und Einzelhändler einen fairen Preis für ihre Arbeit erhalten. Doch wenn Kartoffeln, Brot und Milchprodukte zu Dumpingpreisen verramscht werden, kann eine angemessene Entlohnung kaum mehr stattfinden. Landwirte sehen sich gezwungen, für gewinnmaximierten Ertrag zu chemischen Pflanzenschutzmitteln zu greifen oder Massentierhaltung zu betreiben – der Teufelskreis der mangelnden Wertschätzung setzt sich gnadenlos fort.


Billig bedeutet: keiner gewinnt


Fehlt die Wertschätzung, gibt es letztlich nur noch Ausbeutungsverhältnisse. Das gilt nicht nur hierzulande, schließlich wirkt sich unser Ernährungsverhalten weltweit aus. So wird zum Beispiel unser Appetit auf Schweinefleisch zur ernsthaften Bedrohung für den brasilianischen Regenwald. Seit der BSE-Krise ist es schließlich verboten, Schweinefutter Tiermehl beizumengen und viele Landwirte sind seitdem auf Soja ausgewichen. Dieser wiederum wird hierzulande wenig angebaut und muss importiert werden – zum Beispiel in Brasilien, wo der Sojaanbau in der Folge stark anstieg. Für die neu geschaffenen Anbauflächen wiederum wird in großem Stil der Amazonas-Regenwald gerodet, weil der Boden dort besonders fruchtbar ist.


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Dank den Spottpreisen gibt es auch hier keinen Grund mehr, Ressourcen zu schonen. Neben der Umwelt gilt das auch für „Ressource Mensch“. Ein Beispiel hierfür ist der Anbau von Kakao, der weltweit von ca. 5.5 Millionen Kleinbauern praktiziert wird. Nach der Ernte verkaufen die Bauern ihre Früchte zur Weiterverarbeitung an Unternehmen, die Vorstufen für die weltweite Schokoladenindustrie herstellen. Dieser wird von wenigen Großkonzernen dominiert, die dementsprechend niedrige Preise diktieren können. Zudem sehen sich die Kakaobauern weltmarktbedingt mit schwankenden Preisen und widrigen Arbeitsbedingungen konfrontiert. Um irgendwie überleben zu können, greifen die Bauern oft auf Kinderarbeit zurück.


Teufelskreis ade


So ernüchternd die gesamtgesellschaftlichen und weltwirtschaftlichen Zusammenhänge auch sein mögen: Dass dort Ausbeutung und fehlende Wertschätzung dominieren, bedeutet nicht, dass wir diesen Teufelskreis nicht für uns selbst durchbrechen können. Denn ob wir den einzelnen Produkten und ihren Erzeugern Respekt entgegenbringen möchten, entscheiden immer noch wir selbst. Wer hindert uns daran, direkt in Hofläden, im Fair Trade Laden oder in Biosupermärkten einzukaufen? Niemand. Und ein Anfang ist es allemal: Ein Anfang im Umdenken.


Werbesprache Teil 1 und Teil 2

Von Lautsprechern und Goldenen Windbeuteln: Werbesprache (Teil 1)

Fruchtig ist fruchtig ist oft nicht wahr: Werbesprache (Teil 2)


Quellen: greenpeace.org – Soja Anbauhumanrights-business.org

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